Discussion:
alte jolle kentern
(zu alt für eine Antwort)
Boris Glawe
2005-07-27 11:23:26 UTC
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Hallo,

wir fahren in ein paar Tagen in das Sommerhaus von Verwandten, wo eine ca. 15
bis 20 Jahre alte Jolle steht (420er oder 470er). Ich bin sie auch schon mal
gesegelt und weiß daher, dass sie für ihr Alter noch sehr gut in Schuss ist.

Ich bin nich der erfahrenste Segler, auch wenn ich diese Jolle selbst auftakeln
kann und sie sicher fahren kann. Eine wichtige Sache fehlt mir aber noch: Ich
habe noch nie eine Jolle gekentert. Das spricht auf der einen Seite für meine
tollen Segelkenntnisse :-) aber auf der anderen Seite wird es mir früher oder
später passieren.

Ich würde das Kentern gerne üben. Dazu habe ich eine Frage: Sind Jollen
prinzipiell unsinkbar, auch wenn sie so alt sind? Habt ihr Tips Links, wie man
sich zumindest theoretisch auf dieses Manöver verbereiten kann?

Viele Grüße

Boris
Benjamin Wrzeconko
2005-07-27 11:51:42 UTC
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Hallo!
Post by Boris Glawe
Ich bin nich der erfahrenste Segler, auch wenn ich diese Jolle selbst auftakeln
kann und sie sicher fahren kann. Eine wichtige Sache fehlt mir aber noch: Ich
habe noch nie eine Jolle gekentert. Das spricht auf der einen Seite für meine
tollen Segelkenntnisse :-) aber auf der anderen Seite wird es mir früher oder
später passieren.
Bei 420ern oder 470ern kann das auch schonmal früher passieren, wenn man
die nicht gewohnt ist ;).
Post by Boris Glawe
Ich würde das Kentern gerne üben. Dazu habe ich eine Frage: Sind Jollen
prinzipiell unsinkbar, auch wenn sie so alt sind?
Holzjollen sind in aller Regel ohnehin unsinkbar, bei defekten
Auftriebskörpern wird es u.U. nur schwer, das Wasser ohne Weiteres
wieder rauszukriegen, sodass man schnell mehrmals hintereinander kentern
kann.

GFK-Jollen sollten unsinkbar konstruiert sein, d.h. entsprechende
Auftriebskörper haben. Beim 470er bspw. dient der Rumpf z.T. als
Auftriebskörper, weshalb man generell drauf achten sollte, dass er dicht
ist. IIRC macht er auf Grund seiner Bauform beim Kentern auch kaum
Wasser, ähnlich dem Laser.
Post by Boris Glawe
Habt ihr Tips Links, wie man
sich zumindest theoretisch auf dieses Manöver verbereiten kann?
Die Theorie ist in einschlägigen Büchern (SBF-Binnen-Buch, Semmannschaft
o.ä.) beschrieben, aber auch nicht wirklich kompliziert. Es gilt hier
nur einige wenige Dinge zu beachten. Das Aufrichten schaffen
Segelanfänger nach *kurzer* Anleitung und Vorführung i.d.R. auf Anhieb.

Ich würde hier mehr Wert auf praktisches Üben legen, zunächst an einem
warmen Tag in Badehose oder sonst im Neo, danach ruhig mal mit Kleidung,
auch wenn sie danach nass sein wird ;). Dann probiert man auch mal das
Kentern ohne ins Wasser zu fallen.

Interessant ist vor allem, ob du das jeweilige Schiff mit deinem eigenen
Körpergewicht umdrehen kannst. Dieses Problem hält mich immer von
unserem Hobie 14 ab :(.

Viele Grüße
Benjamin
Boris Glawe
2005-07-27 13:16:34 UTC
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Post by Benjamin Wrzeconko
GFK-Jollen sollten unsinkbar konstruiert sein, d.h. entsprechende
Auftriebskörper haben. Beim 470er bspw. dient der Rumpf z.T. als
Auftriebskörper, weshalb man generell drauf achten sollte, dass er dicht
ist. IIRC macht er auf Grund seiner Bauform beim Kentern auch kaum
Wasser, ähnlich dem Laser.
Es ist eine GFK-Jolle

Vorne sind in der Jolle zwei Öffnungen, die zum Verstauen von Sachen
dienen. Diese sind nicht dicht. Sie werden durch zwei Kunststoffplatten
verschlossen, die von innen durch jeweils einen Gummistrang gegen die
Wand gezogen werden. Wenn hier Wasser reinläuft weiß ich nicht, ob es
wieder rauskommt. Mache ich mir hier unnötig Sorgen? Woraus muss ich
diesbezüglich achten, dass das Boot nicht beim Kentern untergeht?

Grüße Boris
Ulrich G. Kliegis
2005-07-27 20:50:17 UTC
Permalink
Post by Boris Glawe
Vorne sind in der Jolle zwei Öffnungen, die zum Verstauen von Sachen
dienen. Diese sind nicht dicht. Sie werden durch zwei Kunststoffplatten
verschlossen, die von innen durch jeweils einen Gummistrang gegen die
Wand gezogen werden.
Diese Gummistropps sind nach 20 Jahren mit Sicherheit dran. Also
Ersatz mitnehmen.
Post by Boris Glawe
Wenn hier Wasser reinläuft weiß ich nicht, ob es
wieder rauskommt.
Jedenfalls nicht auf dem Weg, auf dem es reingekommen ist. Besorg Dir
rechtzeitig eine geeignete Handpumpe mit ausreichend Ansaug- und
Ablaufschlauch. Und befestige die unverlierbar im Boot.
Post by Boris Glawe
Mache ich mir hier unnötig Sorgen?
Sicher nicht.
Post by Boris Glawe
Woraus muss ich
diesbezüglich achten, dass das Boot nicht beim Kentern untergeht?
Daß alles dicht ist. Probier das nach Möglichkeit doch erstmal am
Strand ohne Segel, aber mit Mast etc. mit einem Helfer aus. Wenn das
Ding da Wasser aufnimmt und nicht wieder hergibt, hast Du eher eine
Chance, es doch noch auf den Strand zu ziehen, als einige hundert
Meter vom Ufer entfernt.

Es ist auch sicher nicht verkehrt, sich über Auftriebskörper Gedanken
zu machen. Das können größere Styroporblöcke sein, die Du mit
reichlich Paketband zusammenfassen und zusätzlich in einen blauen
Müllsack eintapen kannst, gerade so groß, daß er durch das Sorgloch
paßt. Davon einige hintereinander rein, dann hast Du wenigstens genug
Restauftrieb, um das Boot im Zweifel über Wasser zu halten.

Alte 420er und 470er haben mindestens zwei bis drei beliebte
Leckbereiche: a:Übergänge von Innen- und Außenschale zum
Schwertkasten, b:Heckspiegelkanten, c:das vordere Kieldrittel, ja, und
zusätzlich und eigentlich auch hauptsächlich der Übergang vom Rumpf
zur Deckschale. Rund um den Mastfuß zusätzlich, und, was Du ja schon
erwähnt hast, die Abdeckungen der Sorglöcher. Bedenke, daß Polyester
im Lauf der Jahre sehr spröde wird, weil die Polymerisation eigentlich
nie aufhört. Wenn das Glasfasergerüst durch aufgenommene Feuchtigkeit,
Frosteinflüsse und mechanische Vorbeanspruchung sich vom Harz gelöst
hat, hat es keine stabilisierenden Eigenschaften mehr. Das kann sich
in lommeligen Püttingbefestigungen, nachgebender Mastspur etc.
manifestieren. Prüf das vorher.

Und sicher Ruder und Schwert gegen Rausfallen und Verschwinden beim
Kentern.


Willst Du nicht doch lieber rudern? Oder Bernstein suchen?

EKNW :)

Gruß + viel Spaß,

U.
Hartmut Schenke
2005-07-27 13:27:07 UTC
Permalink
Benjamin Wrzeconko schrieb:

[...]
Post by Benjamin Wrzeconko
Dann probiert man
auch mal das Kentern ohne ins Wasser zu fallen.
Beim "normalen Umfall" (Leekenterung) bin ich noch nie ins Wasser
gefallen. Einfach ein Bein nach außenbords schwingen, und Du bleibst
oben.
Schwierig ist es allerdings, bei Luvkenterungen trocken zu bleiben.
Aber auch das gelingt gelegentlich. Schnell unter dem Baum durch und
ab nach oben. Dabei gegebenenfalls Cockpitseitenwand, Schwertkasten
oder Mast als Treppchen benutzen.
Du hattest völlig zu recht darauf hingewiesen, dass man Kentern üben
(und Kentern) aber nur dann angehen sollte, wenn sicher ist, das die
Auftriebskörper wirklich dicht sind. Also insbesondere die
Verbindungen Seitentanks/Bootsboden und die Lukendeckeldichtungen
vorher prüfen. Es ist wirklich nicht lustig, wenn man im Ernstfall
feststellt, dass fußballgroße Luftblasen aufsteigen und das Boot
dabei "absteigt".

[...]

Gruß
Abdul
--
Laser forever!
Boris Glawe
2005-07-27 15:00:46 UTC
Permalink
Post by Hartmut Schenke
Du hattest völlig zu recht darauf hingewiesen, dass man Kentern üben
(und Kentern) aber nur dann angehen sollte, wenn sicher ist, das die
Auftriebskörper wirklich dicht sind.
Wie stellt man so etwas fest so lange das Boot noch an Land ist?
Post by Hartmut Schenke
Also insbesondere die
Verbindungen Seitentanks/Bootsboden und die Lukendeckeldichtungen
vorher prüfen. Es ist wirklich nicht lustig, wenn man im Ernstfall
feststellt, dass fußballgroße Luftblasen aufsteigen und das Boot
dabei "absteigt".
*LOL*
Gerade die Lukdeckeldichtungen machen mir Sorgen, wie ich auch im
anderen Posting geschrieben habe...
Post by Hartmut Schenke
[...]
Gruß
Abdul
Christoph Schmitz
2005-07-27 18:54:24 UTC
Permalink
Post by Boris Glawe
Post by Hartmut Schenke
Du hattest völlig zu recht darauf hingewiesen, dass man Kentern üben
(und Kentern) aber nur dann angehen sollte, wenn sicher ist, das die
Auftriebskörper wirklich dicht sind.
Wie stellt man so etwas fest so lange das Boot noch an Land ist?
Unter leichten Ueberdruck setzen (z.B. mit einem Staubsauger,
der einen "Ausgangsanschluss" hat) und pruefen, ob irgendwo
was austritt (gibts wohl auch spezielles Spray fuer). War so
mal in einer Yachtzeitschrift beschrieben.

Christoph
Tobias Crefeld
2005-07-28 12:29:00 UTC
Permalink
Post by Christoph Schmitz
Post by Boris Glawe
Wie stellt man so etwas fest so lange das Boot noch an Land ist?
Unter leichten Ueberdruck setzen (z.B. mit einem Staubsauger,
der einen "Ausgangsanschluss" hat) und pruefen, ob irgendwo
was austritt (gibts wohl auch spezielles Spray fuer).
Am besten das Boot vorher ordentlich einseifen, dann sieht man an den
Leckstellen Luftblasen.

Ansonsten sollten so oder so immer ein paar Schwimmkörper eingebaut sein.
Entweder Styropor oder besser luftgefüllte Kanister und Schläuche aus
Kunststoff.
--
Gruss,
Tobias.
Thomas Erstfeld
2005-07-27 18:06:17 UTC
Permalink
Post by Benjamin Wrzeconko
Interessant ist vor allem, ob du das jeweilige Schiff mit deinem eigenen
Körpergewicht umdrehen kannst. Dieses Problem hält mich immer von
unserem Hobie 14 ab :(.
Ein 14er macht dir Angst? Wiegst Du etwa unter 50 kg oder ist ein Hobie
wirklich so schwer aufzurichten?

Bei Topcat bin ich mit einem 18er (K1) auch vorsichtig, aber den Rest
bekomme ich (Doppelzentner) wieder aufgerichtet. Und aus reiner Vorsicht
habe ich das sogar vorher mit den Segeltrainern abgestimmt, da ich keine
Lust hatte, hilflos im Wasser zu liegen.

Und wenn die Schwimmerspitzen in den Wind gedreht sind, reicht es doch
eh, wenn die Mastspitze zwei Meter aus dem Wasser kommt. Den Rest macht
dann (fast) der Wind.

Gruß
Thomas
--
No risk, no fun. ;-)
Benjamin Wrzeconko
2005-07-29 11:14:55 UTC
Permalink
Hallo!
Post by Thomas Erstfeld
Ein 14er macht dir Angst? Wiegst Du etwa unter 50 kg oder ist ein Hobie
wirklich so schwer aufzurichten?
Ich weiß nicht, woran das lag, aber als ich meine 70 kg achtern auf
einen Schwimmer gestellt und mich an der Leine festgehalten hab, kam der
Schwimmer nur ein paar müde cm aus dem Wasser und der Kat-Segler, der
mir das ganze gezeigt hat, hats auf meine (fehlende) Masse geschoben.

Seither hab ich mich dann eher zum Laser orientiert, was ich auch nicht
so schlimm finde, und daher auch keinen großen Aufwand getrieben, mich
dem Problem nochmal zu nähern. Aber wenn du ne unkomplizierte Lösung hast...
Post by Thomas Erstfeld
Und wenn die Schwimmerspitzen in den Wind gedreht sind, reicht es doch
eh, wenn die Mastspitze zwei Meter aus dem Wasser kommt. Den Rest macht
dann (fast) der Wind.
Von 2 cm bis zwei 2 m sind zwei Größenordnungen ;).

Viele Grüße
Ben
Thomas Erstfeld
2005-07-29 17:33:58 UTC
Permalink
Post by Benjamin Wrzeconko
Post by Thomas Erstfeld
Ein 14er macht dir Angst? Wiegst Du etwa unter 50 kg oder ist ein Hobie
wirklich so schwer aufzurichten?
Ich weiß nicht, woran das lag, aber als ich meine 70 kg achtern auf
einen Schwimmer gestellt und mich an der Leine festgehalten hab, kam der
Schwimmer nur ein paar müde cm aus dem Wasser und der Kat-Segler, der
mir das ganze gezeigt hat, hats auf meine (fehlende) Masse geschoben.
Hmm, das klingt schon komisch. Wir haben vor einigen Jahren mal das
Aufrichten trainiert und da haben IMHO auch Personen unter 70 kg einen
Topcat F2 (15er) problemlos aufgerichtet bekommen.

Wieso hast Du dich eigentlich achtern auf den Schwimmer gestellt? In
Masthöhe ist der Hebel bzw. die Drehachse doch viel besser.

Gruß
Thomas
--
____ ____
| @ @| H "Same MIST as every year!" |o|o |
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[##V#] |_|__|
Benjamin Wrzeconko
2005-08-02 09:53:01 UTC
Permalink
Post by Thomas Erstfeld
Hmm, das klingt schon komisch. Wir haben vor einigen Jahren mal das
Aufrichten trainiert und da haben IMHO auch Personen unter 70 kg einen
Topcat F2 (15er) problemlos aufgerichtet bekommen.
Ok, vielleicht probier ich das bei Gelegenheit einfach nochmal, mit
entsprechendem Fallback.
Post by Thomas Erstfeld
Wieso hast Du dich eigentlich achtern auf den Schwimmer gestellt? In
Masthöhe ist der Hebel bzw. die Drehachse doch viel besser.
Der Plan war, glaube ich, mich zunächst achtern drauf zu stellen, um
dann, sobald er sich aus dem Wasser hebt, Richtung mitschiffs auf dem
Schwimmer zu wandern.

Viele Grüße
Benjamin
Thomas Erstfeld
2005-08-20 21:06:38 UTC
Permalink
Post by Benjamin Wrzeconko
Post by Thomas Erstfeld
Wieso hast Du dich eigentlich achtern auf den Schwimmer gestellt? In
Masthöhe ist der Hebel bzw. die Drehachse doch viel besser.
Der Plan war, glaube ich, mich zunächst achtern drauf zu stellen, um
dann, sobald er sich aus dem Wasser hebt, Richtung mitschiffs auf dem
Schwimmer zu wandern.
Hmm, ich kenne das nur so, dass man sich auf den unteren Rumpf
stellt(natürlich mittschiffs), die Kenterleine greift und sich
ordentlich nach hinten lehnt. Wenn der Mast hoch kommt und der obere
Rumpf durch sein Eigengewicht zu fallen beginnt, spring man zwischen die
Rümpfe. Dann schnell zum Bug, den Kat in Wind halten und anschließend
seitlich aufsteigen.

Gruß
Thomas
--
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_|_ |X ~ vorgenommen, ... X|_|_ |X
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Klewa
2005-07-29 08:05:44 UTC
Permalink
Moin,

so viele technische Details wie die Kollegen vor mir kann ich nicht
beisteuern, ich segele ein Plattbodenschiff und seit einem Jahr auch
eine 70 Jahre alte Elbjolle. Kentererfahrung mit einer Jolle liegen
lange zurück und ich will es deshalb gar nicht dazu kommen lassen,
obwohl ich die Holzjolle mit einem nicht sehr großen Segel wohl auch
nicht umschmeißen könnte.

Deshalb sind mir Segel, die man nicht schnell reffen kann, auch nicht
geheuer. Meine Jolle hat ein altmodisches Luggerrigg, bei dem das
Segel auf dem Baum eingedreht wird. Rechtzeitig gerefft, ist Segeln
einfach sicherer. Nimmt der Wind weiter zu: einpacken!

Gruss
Klemens
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