Discussion:
Griechischer Seeunfallbericht 2/2015
(zu alt für eine Antwort)
Ignatios Souvatzis
2021-06-06 18:51:09 UTC
Permalink
Ich bin auf einen griechischen Seeunfalluntersuchungsbericht
gestoßen, der leider nicht ins Englische übersetzt wurde, aber zur
Erinnerung an Sicherungsmaßnahmen vor dem Antritt und während der
Durchführung von Fahrten dienen kann:

http://hbmci.gov.gr/js/investigation%20report/final/02-2015%20MELTEMI%20II.pdf

Dort auch Fotos vorher (titel) und fast nachher (S. 5).

Griechischer Seeunfallbericht 02/2015
=====================================

Brand und Untergang des touristischen Passagierfahrzeugs MELTEMI II
=====================================

Zusammenfassung (aus dem Bericht)
---------------------------------

Am 10.5.2015 um 12:45 befuhr das touristische Passagierschiff
(Segelyacht) "MELTEMI II" (uner Motor) mit eine Geschwindikgeit
unter 8 Knoten das Seegebiet Kakavá (bei Skala Kefallinias), vom
Hafen Preveza herkommend mit Ziel den Hafen von Zakinthos.

Während der Fahrt und während MELTEMI II ca. 2 Seemeilen SSO der
Südspitze von Kefallinia war, entstand ein Brand im Küchenbereich,
der zu der kompletten Zerstörung und dem Untergang das Fahrzeugs
führte.

Als der Schiffsführer den Brand bemerkte, nahm er Löscharbeiten mit
einem tragbaren Feuerlöscher in Angriff. Allerdings führte sein Versuch
nicht zum erwünschten Erfolg und er beschloss, ins Wasser zu springen
um vom touristischen Passagierschiff MONIKA aufgenommen zu werden, das
sich in der selben Meeresregion befand. Gegen 18:05 versank das
erstgenannte Fahrzeug, während der Schiffsführer schon bei guter
Gesundheit zum Hafen von Kefallinia gebracht worden war.


Zum Hintergrund, Ablauf und den Ursachen (von mir zusammengefasst)
------------------------------------------------------------------

Die Yacht MELTEMI II war ein kommerzielles touristisches Fahrzeug,
das in Zakynthos stationiert war und Kreuzfahrten (wohl geskipperte
Törns) in der weiteren Umgebung unternahm. Vor dem Beginn der
Sommersaison 2015 war sie zusammen mit einer weiteren Yacht des
selben Eigentümers nach Preveza gebracht worden, um dort Wartungs-
und Reparaturarbeiten unterzogen zu werden. Dort wurde auch die
offizielle Untersuchung durchgeführt und am 6.5. 2015 das "Protokoll
der allgemeinen Untersuchung eines kleinen Passagierschiffs"
ausgegeben.

Die Yacht MELTEMI II und eine weitere des Eigentümers, MONIKA,
verließen am 9.5.2015 um 17:30 die Marina Kleopatra von Preveza
in Richtung Zakynthos. Am Abend liefen sie den Hafen von Meganisi
an. Am näcjste Tag verließen sie um 7:30 wieder den Hafen. Der
Eigentümer führte die MONIKA, sein Angestellter die MELTEMI II.
Es herrschten nordwestliche Winde von 4-5 Bft, die Sicht war gut.
Die Schiffe waren unter Motor unterwegs.

Gegen 12:30 befanden sich die Schiffe in der Nähe von Skala, und
MELTEMI II hatte die Kakava-Riffe passiert. Die Wetterbeingungen
waren gut, und da in der Nähe keine weiteren Gefahren zu erwarten
bzw. sichtbar waren und keine Schifffahrt (ausser der anderen Yacht)
in Sichtweite war verließ der Schiffsführer kurz das Cockpit, um
sich in der Pantry eine Mahlzeit zuzubereiten. Da der Gasdruck
schon recht gering war und das Bratöl lange zum erhitzen benötigte,
verließ er die Pantry und betrat das Cockpit, um sich kurz von der
Abwesenheit von Navigationsgefahren zu überzeugen. Dabei fiel ihm
auf, dass einer der Schäkel, mit dit denen das Beiboot (RIB) an
den Halteleinen befestigt war, mit denen es an den Davits hing,
sich geöffnet hatte. Er stoppte die Fahrt und sicherte das Beiboot,
was einige Zeit in Anspruch nahm. Als sich wieder
umdrehte, bemerkte er die Flammen im Innenraum. Ein erster
Löschversuch mit einem tragbaren Feuerlöscher mißlang. Er versuchte,
einen DSC-Notruf abzusetzen, doch das Funkgerät war schon außer
Betrieb. Ein Löschversuch mit einem zweiten Feuerlöscher mißlang
ebenfalls, da er sich dem Brandherd nicht weit genug nähern konnte,
und er verließ den Innenraum. Er benachrichtigte den Schiffsführer
der MONIKA über ein Mobiltelefon, und als diese sich genähert hatte,
sprang er über Bord und wurde von dieser aufgenommen.

Zwischenzeitlich hatte ein Patrouillenboot der Küstenwache nebst
weiteren Schiffen aus der Umgebung den Unglücksort erreicht.
Das Fuer konnte aber nicht gelöscht werden. Gegen 18:05 versank
MELTEMI II, großenteils verbrannt, auf einer Tiefe von ca. 100 Metern.

Analyse
-------

Der griechische Seeunfalluntersuchungsdienst hat im wesentlichen
durch Befragung, und durch Untersuchung der an Land befindlichen
Aufzeichnungen, eine wahrscheinlichen Ursache ermittelt. Ausgechlossen
wurden ein Einfluss des Wetters, von Müdigkeit, oder ein Defekt
der Gasanlage, die erst etwa einen Monat zuvor kontrolliert worden
war.

Unter anderem enthält der Bericht eine Tabelle der Rauch-, Flamm-
und Selbstentzündungspunkte verschiedener Speiseöle. Auch wurde
ein Versuch zitiert, auf einer gleich großen Pfanne eine 4mm tiefe
Schicht von Speiseöl bis zur Entzündugh zu erhitzen, wobei eine
flammenhöhe von mehr als 50 cm entstand. In Herdnähe war ein
geöffnetes Fenster mit Vorhängen. Die Vermutung liege nahe, dass
die entstehende Flamme die Vorhänge entzündet habe, von wo aus der
Brand sich über die Polsterung der Essecke, die aus Schaumstoffpolstern
mit Lederbezug bestand, auf das übrige Schiff ausgebreitet habe.


Der SUD kommt zusammenfassend zu dem Schluss, dass folgendes
zum Unglück beigetragen hat:

- der Schiffsführer hatte die sich erhitzende Pfanne unbeaufsichtigt
gelassen. Beim Erreichen des Flammpunkts enstand eine Stichflamme.

- MELTEMI II besaß keine automatische Löschanlage, da sie für kommerzielle
touristische Boote dieser Größe nicht vorgeschrieben war.

- Der Löschversuch mit tragbaren Feuerlöschern mißlang

- Der frische Lack der Holzteile im Inneren des Schiffes war nicht
durchgetrocknet, so dass die Dämpfe zur Brandausbreitung beitrugen

- die Schäkel der Beibootsaufhängung waren vor Abfahrt nicht hinreichend
auf festen Sitz kontrolliert bzw. gesichert worden

- Touristische Boote unte 24m dürfen von einer Einzelperson geführt werden,
solange keine Passagiere an Bord sind

- Die Fahrt mit nur einer Person senkt das Sicherheitsniveau, und trug
dadurch zu dem Unglück bei.


***

Also Leute - immer schön die Schäkel und Splinte vor Abfahrt
kontrollieren, beim Kochen die Vorhänge aufziehen, und nicht den
Herd unbeaufsichtigt lassen, ohne das Gas abzudrehen, auch wenn's
lästig ist. Haben wir ja alles mal gelernt...
Frank Hucklenbroich
2021-06-08 13:28:57 UTC
Permalink
Post by Ignatios Souvatzis
Also Leute - immer schön die Schäkel und Splinte vor Abfahrt
kontrollieren, beim Kochen die Vorhänge aufziehen, und nicht den
Herd unbeaufsichtigt lassen, ohne das Gas abzudrehen, auch wenn's
lästig ist. Haben wir ja alles mal gelernt...
Eigentlich ein Klassiker, der auch an Land immer wieder für Brände sorgt.
Und wenn so eine Pfanne erstmal brennt, ist sie schwer zu löschen. Mit
einem normalen Pulverlöscher geht das schon mal gar nicht.

Wir haben uns kürzlich für diese Fälle für zuhause einen speziellen
Fettbrandlöscher zugelegt, mit dem man auch brennendes Fett löschen kann.

Diesen hier:

https://www.f-exx.de/Grosser-Fettbrandloescher-Brandklassen-AF-F-Exx-80-F

Wäre vielleicht auch für die Kombüse nicht die schlechteste Idee.

Grüße,

Frank
Ignatios Souvatzis
2021-06-09 17:20:16 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
https://www.f-exx.de/Grosser-Fettbrandloescher-Brandklassen-AF-F-Exx-80-F
Wäre vielleicht auch für die Kombüse nicht die schlechteste Idee.
Hm, will man auf dem Schiff nicht eher einen ABCF haben? FSS100 oder so?
Wg. universeller Einsetzbarkeit? (Auf einem Aluschiff ABCDF?)

Sonst muss man im Ernstfall erst nachdenken:

Tisch, Bratpfanne, Friteuse? f-exx.
Motorbrand? Runtertropfende Vorhänger (falls Kunststoff)? den anderen.

-is

Loading...