Discussion:
Sandwichdeck Teil Zwo
(zu alt für eine Antwort)
Jay Skeg
2007-03-15 19:21:43 UTC
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Ein Freund ärgert sich mit seinem Schiff rum, vielleicht kann jemand helfen:
Folgende Situation: mein 27 Jahre altes schwedisches GFK-Segelboot (40
Fuß) hatte ein marodes Teakdeck mit offenen Fugen und mehreren losen
Stäben über einem Balsa-Sandwichdeck. Obwohl noch recht viel Material da
war habe ich mich gegen eine Überholung entschieden, sondern ließ das
Teak im Dezember von einer Werft abreißen. Das war wohl auch eine gute
Entscheidung, denn das Teakdeck war miserabel verklebt. Eigentlich nur
der äußerste und der innerste Stab waren flächig mit Sika (o.ä.)
verklebt. Die Stäbe dazwischen lagen trocken auf dem Gelcoat und hatten
an den Schraubenlöchern mal gerade einen Klecks Sika. Man konnte sehr
schön sehen, wie das Wasser unter den Stäben herumgeflossen ist. Was für
ein Pfusch.
Etwas unschön war auch der Zustand des GFK-Decks, das zum Vorschein kam:
viele Haarrisse und schlechte Haftung am Laminat, sodass bei den
verklebten Stäben auch gleich große Stücke Gelcoat mit abgerissen worden
sind. Das Vordeck war auch mit Teak schon recht weich und zeigte nun
viele tiefe Risse, die bis ins Laminat reichen.
Soweit die Vorgeschichte. Eigentlich sollte jetzt mit dem Verlegen des
Teaks begonnen werden. Die Werft wollte das Vordeck mit Decksbalken
verstärken. Eventuell vorhandene Feuchtigkeit in Laminat und Kern sollte
nach Meinung der Werft in den letzten drei Monaten Standzeit
aufgetrocknet sein. Eigentlich wollte ich mit dem Vergießen der alten
Schraubenlöcher beginnen und das Deck spachteln. Allerdings habe ich
vorher noch ein paar Probebohrungen gemacht und festgestellt, dass der
Balsakern nicht wirklich trocken ist. Da die Werft sich mit Holzbooten
gut auskennt, aber eher seltener an Kunststoffbooten arbeitet, habe ich
mir dann eine Gutachter kommen lassen, der nun heute mit seinem
Feuchtigkeitsmessgerät an Bord war. Das Laminat ist an fast allen
Stellen, auf denen das Teakdeck lag, feucht. Wir haben von unten und
oben gemessen und der Schluss liegt nahe, dass der dazwischen liegende
Kern auch feucht ist. Wir haben auch zwei Probebohrungen mit einem
Lochschneider in dem Bereich des Vordecks gemacht, dass besonders viele
Risse aufwies. Der Balsakern ist feucht aber noch unverrottet. Vorschlag
des Gutachters: Abhobeln des gesamten Gelcoats des Laufdecks und an den
Stellen mit Laminatrissen bis ins gesunde Material, danach wäre auch
besser zu erkennen, wie es um den Kern bestellt ist. Dann Austrocknen
lassen, dann mit vier Lagen und Epoxiharz auflaminieren und schließlich
das Teak mit Epoxy aufkleben. Das Austrocknen würde allerdings lange
dauern. Kann das funktionieren? Ich habe Schwierigkeiten mir
vorzustellen, dass das Balsa durch das Laminat trocknet. Andere Ideen?
Alexander Kroenke
2007-03-15 23:58:10 UTC
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Hallo Jay,
Post by Jay Skeg
Der Balsakern ist feucht aber noch unverrottet. Vorschlag
des Gutachters: Abhobeln des gesamten Gelcoats des Laufdecks und an den
Stellen mit Laminatrissen bis ins gesunde Material, danach wäre auch
besser zu erkennen, wie es um den Kern bestellt ist. Dann Austrocknen
lassen, dann mit vier Lagen und Epoxiharz auflaminieren und schließlich
das Teak mit Epoxy aufkleben. Das Austrocknen würde allerdings lange
dauern. Kann das funktionieren? Ich habe Schwierigkeiten mir
vorzustellen, dass das Balsa durch das Laminat trocknet. Andere Ideen?
Vom Gefühl her würde ich sagen das die obere Laminatschicht auch
herunter muss, um wirklich zu sehen was mit dem Balsakern darunter los
ist und um ein gründliches austrocknen zu ermöglichen.
Ob es sinnvoll ist einen nassen Balsakern so zu sanieren oder es besser
ist ihn auszutauschen wäre zu überlegen.

Der nächste Schritt wäre dann den Balsakern bis auf die untere
Laminatschicht zu entfernen und darauf neu aufzubauen. Dabei kannst Du
dann überlegen ob wieder mit Balsa aufgebaut wird oder ob sich modernere
Werkstoffe eventuell besser eignen.

Was mich eher zu der Radikalkur tendieren läßt ist Deine Schilderung wie
schlampig bereits das Teak aufgepappt war und das das Gelcoat Risse
hatte. Wer weiß was da noch alles zu Tage kommt, angefangen von der
Befestigung der Relingstützen oder Wanten (Decksdurchführungen).

Bevor ich allerdings eine so große Operation angehen würde, würde ich
mir ein paar Werften ansehen die solche Reparaturen durchführen.
Ein neues Teakdeck würde ich dann nur noch verkleben. Ich habe da letzte
Woche auf der Boatfit in Bremen eine interessante Lösung gesehen.

Die "light" Vatiante einer Reparatur wäre es, den feuchten Kern einfach
zu ignorieren, ein neues Kunstoffdeck darauf zu legen und auf Teak zu
verzichten. Auch damit läßt es sich dann wieder segeln.

Alex
Thorsten Günther
2007-03-16 06:23:02 UTC
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Post by Alexander Kroenke
Ein neues Teakdeck würde ich dann nur noch verkleben.
Dasselbe hatte ich zwar schon einmal geschrieben, aber da ich es
ebenfalls als äußerst wichtig erachte, ein Teakdeck (wegen des erhöhten
Risikos von Undichtigkeiten - immerhin entstehen bei Verschraubung
mehrere hundert Löcher ins Sandwich hinein) heutzutage nicht mehr
verschrauben zu lassen. Es gibt sicherlich Werften, die eine
verschraubte Verlegung fachmännisch korrekt ausführen, so daß der
Sandwichkern trocken bleibt, aber hierzu sollte man gute Beziehungen zu
mindestens einem Bootsbauer haben, der regelmäßig an solchen Schiffen
arbeitet und daher weiß, welche Werften schon beim Bau gepfuscht haben.

Teakdecks nach Schablone zur Verklebung habe ich auf der Hanseboot auf
mindestens drei Messeständen gesehen. Unterschiede waren die verwendete
Dichtmasse (Rhodorsil vs. MS-Polymer vs. Habichvergessen) und
Materialstärken.


Thorsten
Claus C. Plaass
2007-03-16 14:42:08 UTC
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Post by Thorsten Günther
Post by Alexander Kroenke
Ein neues Teakdeck würde ich dann nur noch verkleben.
Teakdecks nach Schablone zur Verklebung habe ich auf der Hanseboot auf
mindestens drei Messeständen gesehen. Unterschiede waren die verwendete
Dichtmasse (Rhodorsil vs. MS-Polymer vs. Habichvergessen) und
Materialstärken.
Boots-anwendungstechnisch und Segel-funktional richtig,
wenn auch nicht "orginool klassisch-schiffig" (I hate that term)
sind fluessige Deckbeschichtungen mit Stabdeck-Charakter:
- Coelan aus Polyurethan mit Gummistaub drinne,
- Overdeck aus Epoxy mit Anti-Rutsch-Substrat

Deren Elastizitaet und Dichtigkeit ist zwar weit hoeher als die
einer rotten Balsa oder sonstwas gesandwichten Struktur drunnter,
die das eigentliche Problem des OP darstellt.

CCP
Ende

BTW: Warum fragt "Faurby999" nicht mal bei Faurby in Skaerbek,
( um die Ecke liegt uebrigens Quornings Dragonfly Werft .... ;-) )
Thomas Mager
2007-03-19 12:56:55 UTC
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Post by Thorsten Günther
Post by Alexander Kroenke
Ein neues Teakdeck würde ich dann nur noch verkleben.
Dasselbe hatte ich zwar schon einmal geschrieben, aber da ich es
ebenfalls als äußerst wichtig erachte, ein Teakdeck (wegen des erhöhten
Risikos von Undichtigkeiten - immerhin entstehen bei Verschraubung
mehrere hundert Löcher ins Sandwich hinein) heutzutage nicht mehr
verschrauben zu lassen. Es gibt sicherlich Werften, die eine
verschraubte Verlegung fachmännisch korrekt ausführen, so daß der
Sandwichkern trocken bleibt, aber hierzu sollte man gute Beziehungen zu
mindestens einem Bootsbauer haben, der regelmäßig an solchen Schiffen
arbeitet und daher weiß, welche Werften schon beim Bau gepfuscht haben.
Das mit dem Kleben von Teak ist in der Theory eine schoene Idee, jedoch
haengt es stark von verwendeten Material und der Decksform ab. Ein 6mm
Stab laesst sich auf einem flachen Deck bei Kleben durch Gewichte gut
fixieren, jedoch funktioniert das nicht mehr bei stark gewoelbten Decks
oder in Bereichen, wo die Staebe im Bogen gelegt werden, wie z.B. auf
einigen Vorschiffen. Zudem ist das ganze recht aufwendig und man
versperrt sich selbst den Arbeitsplatz mit dem ganzen Gewichten, die bei
jeder Erschuetterung verrutschen koennen. Zudem ist Teak ein sehr
oelhaltiges Holz, welches sich nicht 100%-tig sicher Verkleben laesst.
Gerade in Bereichen mit starken Biegungen oder kleiner Radien wuerde ich
mich auf die Verklebung nicht allein verlassen.

Ciao

Thomas
Thomas Mager
2007-03-20 07:45:42 UTC
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Beim Verkleben der Staebe gibt es noch eine andere Moeglichkeit als
Beschweren.
Viele Werften Tackern die Staebe in der Nut an und ziehen nach dem
Aushaerten die Stifte heraus.
Es bleibt ein kleines Loch im Deck und im Stab, welches i.d.R. nur durch
die Vergussmasse oben abgedichtet wird.
Zudem wird auch gern mit Epoxid verklebt. Da haelt sehr gut und zu gut
fuer eine einfache Deckssanierung.

Ciao


Thomas

Ulrich G. Kliegis
2007-03-19 17:20:17 UTC
Permalink
Post by Jay Skeg
Folgende Situation: mein 27 Jahre altes schwedisches GFK-Segelboot
Also, wer ärgert sich denn nun womit rum? "Der Freund", Du selbst,
Dein alter ego mit echtem Namen, oder wer?

Und nun kurz zum Thema:

Wie sieht es denn mit dem Rumpf aus? Wenn das Deck schon zermatschtes
Sandwich ist, wie sieht es dann mit dem Rumpf, eingezogenen Spanten
und Schotten und anderem aus? So würde ich z.B. mal nach konstruktiven
Versteifungsmaßnahmen im Bereich Mastfuß, Kielgewichtsaufhängung und
Abstrebung, Ruderkoker-Fundament etc. sehen, ob die sich von den
Flächenstrukturen schon losgesagt haben, Risse aufweisen, ferner nach
den Püttingen, besonders deren unsichtbarem Teil, bis hin zu Klampen-
und Winsch-Fundamenten, und dann entscheiden, ob eine Reparatur
überhaupt noch lohnt oder das Ding den Weg allen Unterirdischen gehen
sollte.

Das Unterwasserschiff wird ja meist massiv laminiert, aber wenn am
Deck schon so gepfuscht wurde, sieht es da wahrscheinlich nicht besser
aus. Kann man schön sehen, wenn das Schiff beim Kranen in den Broken
hängt und diese deutliche Einbeulungen am Rumpf verursachen. Dito
bietet das Druckmuster, daß Winterbock-Stützen verursachen, ein
(Augen-)Maß für die Restfestigkeit.

Und dann eben die Rumpfseitenwände oberhalb der Wasserlinie. Boote,
die für mehr als eine Chartersaison gebaut werden, weisen überall
überdimensionierte Festigkeitswerte auf, der Rest ist ein Reinfall für
den Käufer.

Auch das Motorfundament, die Püttings für Vor- und Achterstag etc.
könnten Spaßquellen sein.

Gewisse Hinweise auf strukturelle Schwachstellen kann man auch schon
aus der Beweglichkeit der Relingstützen sowie von Bug- und Heckkorb
gegenüber dem sie umgebenden Deck gewinnen, wenn man daran mal ein
bißchen wackelt.


Gruß,
U.
Jay Skeg
2007-03-19 19:15:04 UTC
Permalink
Post by Ulrich G. Kliegis
Also, wer ärgert sich denn nun womit rum? "Der Freund", Du selbst,
Dein alter ego mit echtem Namen, oder wer?
Nö, der Freund hat den Stress, habe seinen Text hier reinkopiert, Danke
für die hilfreichen Infos. Für mich sehr erschreckend bei dieser
Thematik ist, wie sogenannte Fachbetriebe mit Bootsbauermeistern mit
solchen Problemen umgehen.

Gruß

JS
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