Post by DanielKann man mit einem Kielboot, speziell mit dem "FLYING CRUISER S" [1],
ins gleiten kommen?
Zum Flying Cruiser kann ich nichts beitragen. Grundsätzlich können
Kielboote ins Gleiten kommen. Ob ein Boot gleiten kann oder nicht, hängt
eigentlich nicht vom Vorhandensein eines Kiels ab. Er stellt nur einen
zusätzlichen Wasserwiderstand dar, der überwunden werden muß, um das Boot
aus dem Wasser zu bekommen. Es war früher mangels geeigneter Materialien
nicht möglich, Kiele zu bauen, die so schmal waren, daß man ihren
Wasserwiderstand vernachlässigen konnte und deswegen hat sich in manchen
Köpfen die Gleichung festgesetzt: Kiel = Nichtgleiter
Ein Boot darf gemessen an seiner Segelfläche nicht zu schwer sein und
außerdem muß die Rumpfform geeignet sein, bei möglichst niedriger
Geschwindigkeit einen dynamischen Auftrieb zu erzeugen. Bei Monohulls
geschieht das durch entsprechend flachen Rumpfboden. Das alleine nutzt
aber noch nichts, weil man ja auch genügend aufrichtendes Moment braucht.
Und hier muß man dann nochmal unterscheiden zwischen Kursen am Wind und
raumschots. Bei Gleitjollen reicht am Wind der Gewichtstrimm. Bei den
meisten Kielbooten nicht. Da muß der Kiel für ausreichend aufrichtendes
Moment sorgen. Das kann er aber insbesondere dann gut, wenn das Boot
krängt. Beim Krängen wird aber selbst ein ansonsten zum Gleiten geeigneter
Rumpf so ungünstig im Wasser platziert, daß er nicht mehr aus dem Wasser
kommt. Raumschots tun sich dagegen Jollen und Kielboote leichter, ins
Gleiten zu kommen, weil hier kaum aufrichtendes Moment nötig ist, das Boot
also aufrecht gefahren werden kann und somit auch leicht aus dem Wasser
kommt.
Es gibt aber auch Kielboote, die am Wind ins Gleiten kommen wie zum
Beispiel Joker oder Asso99. Diese beziehen ihr zusätzliches aufrichtendes
Moment aus den 2 bis 3 Trapezleuten. Kielboote ohne Ausleger und Trapez,
die am Wind ins Gleiten kommen, sind dagegen noch rar gesät. Man versucht
hier mit hohem Ballastanteil und großer Breite auszugleichen, was
letztlich ein Werkstoffproblem ist. Die Zeitschrift "segeln" hat im Moment
ne Reportage über den Werdegang eines solchen Flitzers am Laufen. Auf
deren Website gibts auch detailliertere Hintergrundinformationen vom
Konstrukteur. Auch wenn man sich so ein Boot nicht kaufen will, ist es
doch ganz interessant zu lesen.
Post by DanielUnd falls ja, gibt es da spezielle Techniken damit das ganze überhaupt
funktioniert?
Außer einem geeigneten Boot und ausreichend Wind und möglichst nicht
zuviel Welle ist es mitunter hilfreich, wenn Du mittels Pumpen oder
ähnlichen Techniken dem Boot so viel zusätzlichen Speed gibst, daß es aus
dem Wasser kommt und dann dran denkst, daß die zusätzliche Geschwindigkeit
den relativen Wind ändert und somit eine dichtere Schotstellung erfordert.
Das ist ein bißerl so wie mit der Aktivierungsenergie in der Chemie oder
dem Übergang von Haft- zu Gleitreibung: Ist das Boot erstmal aus dem
Wasser, hat es weniger Widerstand und bleibt auch draußen bis die
Bootsgeschwindigkeit einen bootsabhängig kritischen Wert unterschreitet
und das Boot wieder ins Verdrängerfahrt "fällt".
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Gruss,
Tobias.